Satanismus, Schlumpfismus und die Liebe zur Provokation

Veröffentlicht auf von Paramantus

Hach ja... Satanismus. Dieser furchtbare Begriff, der im Laufe der Jahrhunderte soviel durchgemacht hat und für alles mögliche missbraucht wurde - genau wie noch heute: Es gibt sogar eine offizielle Church Of Satan. Da hören ja Tropfsteinhöhlen auf zu tropfen oder, um es mal anders auszudrücken: Die so scheinbare positive Rolle des Satanismus in den entsprechenden Kreisen ist einfach nicht mehr auszuhalten!
Doch halt, ich möchte nicht so polemisch weitermachen, sondern versuchen mal verständlich an die Vernunft zu appelieren:

Fangen wir ganz am Anfang an:
Wofür steht Satan im ursprünglichen Sinne? Für den Verführer zum Schlechten. Nicht mehr und nicht weniger. Um sich das begreiflich zu machen muss man nur die Bibel lesen, denn dort hat diese Gestalt schließlich ihre charakterlichen Wurzeln.
Alles was heute als sogenannter moderner oder gemäßigter Satanismus verkauft wird, ist mit vernünftigen Augen betrachtet allein die Befriedigung einer Kirchen- oder Gesellschaftskritik. Und genau das ist das Problem: Satan ist - wie Gott - ein Symbol im Ursprung der Religion, das für die negativen Verhaltensweisen steht. Diese Verhaltensweisen sind jedoch nicht festgelegt, sondern symbolisieren grundsätzlich das Schlechte. Satan ist Schlecht. Gott ist gut.

Beispiel:
Wenn Homosexualität anno 1072 als böse angesehen wurde, bedeutet das nicht, dass Homosexualität ein Attribut des Teufels darstellt, sodass man heutzutage, da Homosexualität akzeptiert wird, auch gleichzeitig den Teufel akzeptieren kann.
Das ist ein grundlegendes Problem.

Satan ist allgemein ein Symbol für das Schlechte und nicht für die Eigenschaft X oder das Verhalten Y. Diese X und Y haben sich im Bild der Gesellschaft immer verändert und werden sich immer verändern, daher können sie nicht an eine Symbolfigur gebunden sein, die in einer völlig anderen Zeit und Gesellschaftsform entstand und definiert wurde.

Satanismus war und ist, insbesondere heutzutage, eine aus Trotz, Arroganz, Fehlinterpretation und letztendlich Geldgier entstandene "Religion". Man verkauft den Teufel als Gegenpart der Kirche. Als Freidenker, welcher der engstirnigen und intoleranten Kirche gegenübersteht. Dabei ist die Wirkung der kirchlichen Richtlinien seit Beginn der Aufklärung kein Bestandteil der Gesellschaft mehr. Menschen begannen nachzudenken, zu hinterfragen und selber zu urteilen.
Die Kirche hat ihre Macht über den menschlichen Geist längst eingebüßt. Das ist jedoch keinem Satanismus zu verdanken. Wer sich heute von seiner Vernunft leiten lässt, braucht keinen sog. Satanismus um sich gegen die Kirche aufzulehnen. Es ist auch gar nicht nötig. Denken ist frei.

Aber vlt. ist genau das das Problem: Irgendjemand hat mal gesagt "Der größte Luxus eines Menschen ist eine eigene Meinung, denn nur wenige können sie es sich leisten".
Vielleicht sind viele heutzutage schlichtweg nicht mehr in der Lage selber zu hinterfragen und sich auf Vernunft basierende Grundzüge des Lebens aufzubauen. Nein, stattdessen schluckt man brav was einem vorgesetzt wird: Da muss erst ein Anton LaVey kommen, dessen Richtlinien in entsprechend "dunklen Kreisen" so hochgehaltenen werden - da könnte ich jedesmal das kalte Kotzen bekommen!  (Entschuldigung, ich wollte ja nicht mehr polemisch werden)
Natürlich sind das tolle Richtlinien, denn sie basieren auf die schlichte Erkenntnis des "wie du mir so ich dir" und "was du nicht willst das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu". Sie sind nur hübscher verpackt, ins Moderne übertragen und - das ist das besondere - mit einer Portion Satanismus garniert. Wow.

Wer LaVey oder die Church Of Satan so sehr für "ihre" Erkenntnisse und Lebensweisheiten lobt, degradiert sich selbst zum Herdentier und gesteht sich ein mangelndes Vernunftverständnis ein.

Wenn ich einen x-beliebigen Begriff hervorkrame, ihm eine eigene Definition und detaillierte Interpretation verpasse, heißt das noch lange nicht, dass ich diesen Begriff neu erfunden habe. Ganz im Gegenteil: Ich missbrauche ihn, weil ich ihn völlig aus seinem eigentlichen Kontext gerissen habe... Beispiel: Schlumpfismus.

Schlumpfismus bedeutet immer an sich selbst zu glauben, sich nicht von seiner Umwelt unterdrücken zu lassen. Es heißt seine Ziele nicht aus den Augen zu verlieren und für das einkämpfen was man liebt. Alles hassenswerte darf und soll jedoch vernichtet werden. Schlumpfismus steht für Freikörperkultur und freie Liebe. Die Ehe ist überholt, allein das Ausleben der Triebe steht im Vordergrund. Schlumpfismus zelebriert die Befriedigung der Seele, egal mit welchem Mittel dies auch erreicht wird. Den einzigen Gott, den es gibt - nämlich ein in Wolkengestalt erscheinendes Wesen namens Bolo - preist man durch ungezügelte Rausch-Exzesse...

Wer sich jetzt fragt was das Ganze hier mit den Schlümpfen zu tun hat: Hoffentlich geht euch spätestens in diesem Augenblick ein Licht auf. Wenn nicht, dann kommt weiter unten noch ein weiteres Beispiel.

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Oft höre ich als Kommentar zu meinen Ansichten, dass ich doch keine Ahnung hätte. Satan wäre schließlich der gefallene Engel, der symbolisch für die Dogmen und Regeln der Religion steht. Luzifer, der Verstoßene, war doch mythologisch gesehen der Rebell, der für sein Freidenkertum bestraft wurde...

Aha? Was für ein Blödsinn, kann ich dazu nur sagen. Die Geschichte um den gefallenen Engel kann man so nirgendwo nachlesen, es ist eine von der Kirche ins Leben gerufene ausgeschmückte Legende - was ziemlich amüsant erscheint, wenn ausgerechnet Kirchen-Gegner sich auf diese Geschichte berufen.

Wer war denn Luzifer genau? Nun, ganz ursprünglich ein Gott in der Antike. Und in der Bibel?

Luzifer ist dort - im Buch Jesaja - eine Umschreibung für den König von Babylon, dessen Hochmütigkeit mit der Metapher des "Morgensterns" widergegeben wird. Nirgendwo ist von einem gefallenen Engel die Rede. Eine andere Stelle, die auf einen gefallenen Engel hindeutet, findet sich im Buch Ezechiel, wo Luzifer (bzw. wörtlich "der glänzende Cherub") erneut als Metapher für den König von Tyrus benutzt wird.
Wichtig ist hierbei besonders, dass Luzifer nicht als Eigenname verstanden werden darf. Es ist lediglich eine Übersetzung für Bezeichnungen rund um einen hellen, glänzenden Stern. Mehr nicht.

Der Grund warum Luzifer zum Eigennamen mutierte und mit dem Teufel gleichgesetzt wurde liegt an einer fragwürdigen Interpretation aus der späteren Kirchenzeit. Da gibt es nämlich im Lukas-Evangelium eine Stelle wo es heißt, dass der Teufel wie ein Blitz vom Himmel fiel. Dies wurde dann gleichgesetzt mit den Metaphern aus dem Alten Testament. Das ist alles.

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Satan als die rebellische Figur eines Freidenkers zu benutzen war und ist sicherlich ein Grundgedanke, der allerdings einen Fehler beinhaltet: Die Figur des Satans basiert auf eine tief religiöse Ebene und es ist schlichtweg ein Widerspruch eben solch eine Figur zur Gallionsfigur für das Freidenkertum zu machen, wenn man gleichzeitig das Umfeld woraus sie kommt total ablehnt.
Der wichtigste Punkt bei dem Ganzen ist Provokation. Es geht um Provokation und Aufmerksamkeit, darum seinem Ärger gegen die katholische Kirche freien Lauf zu lassen, unter dem Deckmantel des Freidenkertums.
Dabei sind die philosophischen Gedanken keinesfalls schlecht. Ich habe nur etwas gegen den Begriff des Satanismus, da er in meinen Augen missbraucht wird. Es ist ein Begriff mit einer Geschichte und einem Ursprung - und das darf nicht einfach ausgeblendet werden.

In 100 Jahren "begründet" vielleicht jemand den Hitlerismus, definiert ihn aber so, dass es in dieser Philosphile lediglich darum geht seine Ziele und Träume mit allen Mitteln zu erreichen bzw. erfüllen. Mit der Person Hitler und seinem Umfeld hätte das nichts zu tun. Warum, würde man sich dann fragen, muss man denn solch eine Philosophie mit Hitler in Zusammenhang bringen?!

Das ist genau wie beim Satanismus. Warum muss man diese Philosophie so nennen? Die Aufklärung ist doch nicht spurlos an uns vorbeigegangen. Warum kann man nicht seinen eigenen Verstand benutzen um sich von den Dogmen der Kirche zu lösen? Solch eine Provokation ist schlichtweg nicht mehr nötig. Das mag in kleinem Rahmen noch amüsant sein, doch wenn man die Ausmaße betrachtet, nämlich die unzähligen Anhänger, Mitglieder und Sympathisanten der Church Of Satan, die die Gedanken Laveys für etwas neues halten, das endlich die Loslösung von der Kirche bedeutet - dann denke ich mir, dass die Aufklärung wohl leider doch an einigen Menschen vorbeigehen konnte.

LaVey hat aufklärerische Gedanken von verschiedenen Philosophen und Freidenkern zusammengetragen, sie gebündelt und sie durch den Begriff des Satanismus eigentlich nur wieder an die Kirche gefesselt. Wobei ich das Wort "Kirche" bewusst schreibe! Während Freidenker wie z.B. Otto von Corvin oder auch Friedrich Nietzsche offen den Unterschied zw. christlichem und den von der Kirche interpretierten Glauben erkannt, kritisiert und sich philosophisch damit auseinandergesetzt haben, macht LaVey im Grunde genommen alles wieder kaputt: Er sieht das Christentum als ein Hindernis fürs freie Denken an und stützt sich somit auf die Figur, die es quasi geschafft hat so etwas wie einen eigenen Willen zu zeigen, in einer von Gott dirigierten Welt: Satan.
Dabei übersieht man bei solchen Gedankengängen, dass man sich innerhalb religiöser Strukturen befindet und man keineswegs diese verlassen hat. Anstatt wie die Philosphen der Aufklärung das Ganze aus einem distanzierten Blickwinkel zu betrachten, hat LaVey die religiöse Ebene nie verlassen: Er macht eine religiöse Figur zum Helden, der sich gegen die Machtstellung der Religion auflehnt. Das ist total paradox.

Und weil sich diese Gedankengänge immer noch auf religiöser Ebene befinden, kommt man nicht drum herum die Rolle des Satan, nämlich die des symbolisch Bösen, näher zu beleuchten und miteinzubeziehen. Und damit ist der Church Of Satan im Grunde die Krone des Absurden aufgesetzt.

Veröffentlicht in Glaubensfragen

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