Der alte Mann und die Scherben
Busfahren kann ja schon ziemlich nervenaufreibend sein, doch kommen beim Warten an der Bushaltestelle oftmals die skurrileren Situationen zu Stande.
Als ich neulich an einer Haltestelle stand - auf den Bus wartend; das muss man ja heutzutage dazu erwähnen - war mein Nervenkostüm bereits sehr dünn. Kein Wunder, musste ich doch gegen 11 Uhr morgens, also fast noch mitten in der Nacht, das Haus verlassen, um überlebenswichtige Besorgungen zu machen. Es war schließlich Wochennde und ich hatte keinen Wein mehr im Haus. Müdigkeit, Hunger, Kälte und das Bedürfnis nach einem heißen Strandurlaub taten ihr Übriges dazu.
Darüber hinaus wurde die Haltestelle wohl in den letzten Tagen mit einem Glascontainer verwechselt, sodass ich nun - eingemummelt in meinen Schal, den Kopf zwischen die Schultern gedrückt und den Hut tief ins Gesicht gezogen - in den scharfkantigen Überresten mehrerer Flaschen Bier stand. Dabei mag ich Bier nicht mal besonders. Wenigstens machten die Scherben unter meinen Schuhen lustige Geräusche, wenn ich mich bewegte.
Aber es sollte noch besser kommen. Während ich anfangs noch alleine war und mir die Wartezeit damit vertrieb, die Rechtschreibfehler in den Kritzeleien am Bushäuschen zu zählen, kam schon nach kurzer Zeit ein älterer Mann dazu, der sich seine Wartezeit allerdings mit etwas anderem vertreiben wollte. Ohne lange zu fackeln, gab er laut zu verstehen, was er von all dem Scherbenmüll hält. Das gibt's doch nicht, schnaubte er empört und mit Zittern in der Stimme. Wie's hier wieder aussieht... Das muss doch nicht sein! Ich überlegte kurz, ob ich ein bißchen Konversation machen und ihm einfach mal mit ein paar Worten Recht geben sollte, doch ließ mir der alte Mann keine Gelegenheit mehr dafür. Er blickte mir nämlich mit einem verstörten Gesichtsausdruck direkt in die Augen, zeigte mit dem Finger auf die Scherben zu unseren Füßen und schrie mich regelrecht an: Waren Sie das?! Was zum Teufel... Was? Das war das einzige, was spontan über meine Lippen ging, da ich hoffte mich verhört zu haben - was jedoch nicht der Fall war. Waren Sie das? Sagen Sie schon! Meine Güte, war er im Begriff einen Wutanfall zu bekommen? Wunderbar, warum ausgerechnet hier und jetzt, wenn ich hier stehe? Das wirst du mir büßen, Universum!
Doch was sollte ich sagen? Vielleicht: Ja, natürlich war ich das. Habe ja nichts besseres zu tun, als hier herumzustehen, 17 Bier zu trinken und alle Flaschen auf den Boden zu zerbrechen. Dummerweise gibt es Jugendliche, auf die so eine Antwort zutrifft - und wahrscheinlich ist hier genau das passiert - sodass mein Sarkasmus unter Umständen nicht angekommen wäre. Ich hätte aber auch völlig verwirrt sagen können: Was meinen Sie? Worauf zeigen Sie denn da? Ich sehe hier nichts. Geht's Ihnen gut? Oder auch: Geht's noch? Das waren doch Sie! Hab Sie doch genau gesehen! Oder ganz klassisch: Kümmern Sie sich um Ihren eigenen Scheiß!
Ich sagte etwas anderes. In einem äußerst ruhigen Ton antwortete ich ihm: Nein, das war ich nicht. Aber keine Sorge, ich hab den, der das gemacht hat, in die Mülltonne da gesteckt. Der alte Mann folgte meinem Blick zu der Tonne auf der anderen Straßenseite, schaute dann wieder zu mir, dann wieder zur Tonne und wieder zu mir. Glaubte er mir etwa? Glücklicherweise konnte ich hinzufügen: Ah, da kommt ja der Bus endlich. Und diese Tatsache schien ihn unheimlich zu erfreuen, denn auf einmal lächelte er breit und die Scherbenangelegenheit wirkte wie vergessen. Keine Frage, dieser alte Mann hatte eindeutig nicht mehr alle Murmeln beisammen. Oder er pflegte lediglich eine äußerst merkwürdige Art, Wartezeiten zu überbrücken.
Wie das wohl beim Arzt im Wartezimmer aussieht... Haben Sie dem Jungen das Bein gebrochen? Sagen Sie schon!
Als ich neulich an einer Haltestelle stand - auf den Bus wartend; das muss man ja heutzutage dazu erwähnen - war mein Nervenkostüm bereits sehr dünn. Kein Wunder, musste ich doch gegen 11 Uhr morgens, also fast noch mitten in der Nacht, das Haus verlassen, um überlebenswichtige Besorgungen zu machen. Es war schließlich Wochennde und ich hatte keinen Wein mehr im Haus. Müdigkeit, Hunger, Kälte und das Bedürfnis nach einem heißen Strandurlaub taten ihr Übriges dazu.
Darüber hinaus wurde die Haltestelle wohl in den letzten Tagen mit einem Glascontainer verwechselt, sodass ich nun - eingemummelt in meinen Schal, den Kopf zwischen die Schultern gedrückt und den Hut tief ins Gesicht gezogen - in den scharfkantigen Überresten mehrerer Flaschen Bier stand. Dabei mag ich Bier nicht mal besonders. Wenigstens machten die Scherben unter meinen Schuhen lustige Geräusche, wenn ich mich bewegte.
Aber es sollte noch besser kommen. Während ich anfangs noch alleine war und mir die Wartezeit damit vertrieb, die Rechtschreibfehler in den Kritzeleien am Bushäuschen zu zählen, kam schon nach kurzer Zeit ein älterer Mann dazu, der sich seine Wartezeit allerdings mit etwas anderem vertreiben wollte. Ohne lange zu fackeln, gab er laut zu verstehen, was er von all dem Scherbenmüll hält. Das gibt's doch nicht, schnaubte er empört und mit Zittern in der Stimme. Wie's hier wieder aussieht... Das muss doch nicht sein! Ich überlegte kurz, ob ich ein bißchen Konversation machen und ihm einfach mal mit ein paar Worten Recht geben sollte, doch ließ mir der alte Mann keine Gelegenheit mehr dafür. Er blickte mir nämlich mit einem verstörten Gesichtsausdruck direkt in die Augen, zeigte mit dem Finger auf die Scherben zu unseren Füßen und schrie mich regelrecht an: Waren Sie das?! Was zum Teufel... Was? Das war das einzige, was spontan über meine Lippen ging, da ich hoffte mich verhört zu haben - was jedoch nicht der Fall war. Waren Sie das? Sagen Sie schon! Meine Güte, war er im Begriff einen Wutanfall zu bekommen? Wunderbar, warum ausgerechnet hier und jetzt, wenn ich hier stehe? Das wirst du mir büßen, Universum!
Doch was sollte ich sagen? Vielleicht: Ja, natürlich war ich das. Habe ja nichts besseres zu tun, als hier herumzustehen, 17 Bier zu trinken und alle Flaschen auf den Boden zu zerbrechen. Dummerweise gibt es Jugendliche, auf die so eine Antwort zutrifft - und wahrscheinlich ist hier genau das passiert - sodass mein Sarkasmus unter Umständen nicht angekommen wäre. Ich hätte aber auch völlig verwirrt sagen können: Was meinen Sie? Worauf zeigen Sie denn da? Ich sehe hier nichts. Geht's Ihnen gut? Oder auch: Geht's noch? Das waren doch Sie! Hab Sie doch genau gesehen! Oder ganz klassisch: Kümmern Sie sich um Ihren eigenen Scheiß!
Ich sagte etwas anderes. In einem äußerst ruhigen Ton antwortete ich ihm: Nein, das war ich nicht. Aber keine Sorge, ich hab den, der das gemacht hat, in die Mülltonne da gesteckt. Der alte Mann folgte meinem Blick zu der Tonne auf der anderen Straßenseite, schaute dann wieder zu mir, dann wieder zur Tonne und wieder zu mir. Glaubte er mir etwa? Glücklicherweise konnte ich hinzufügen: Ah, da kommt ja der Bus endlich. Und diese Tatsache schien ihn unheimlich zu erfreuen, denn auf einmal lächelte er breit und die Scherbenangelegenheit wirkte wie vergessen. Keine Frage, dieser alte Mann hatte eindeutig nicht mehr alle Murmeln beisammen. Oder er pflegte lediglich eine äußerst merkwürdige Art, Wartezeiten zu überbrücken.
Wie das wohl beim Arzt im Wartezimmer aussieht... Haben Sie dem Jungen das Bein gebrochen? Sagen Sie schon!