Christus "hui" Kirche "pfui"
Würde man ein Brainstroming zum Thema "Christentum" machen, so fiele garantiert sehr schnell der Begriff "Kirche". Logisch, könnte man sagen. Doch es könnte auch alles ganz anders sein.
Glaube und Kirche sind für mich nicht ein und dasselbe. Ich bin Christ, aber ich bezeichne mich so, weil ich erstens die Philosophie des Mannes namens Jesus bahnbrechend für seine Zeit finde und zweitens um meine Solidarität für eben jenen Mann zum Ausdruck zu bringen, weil er durch besagte Kirche in den Dreck gezogen und für niedere Zwecke missbraucht wurde.
Nach Jesu Tod dauerte es zwar einige Zeit, aber es war dennoch unaufhaltsam: Die Vielfalt des Menschen machte es unmöglich aus einem neuen Glauben, aus einer menschenfreundlichen Philosphie, die Gier und den Fanatismus da herauszuhalten. Es kamen welche, die sich an dem neuen Glauben bereichern wollten und es kamen auch welche, die alles dafür getan haben um den Glauben als den einzig wahren mit allen Mitteln durchzusetzen.
Während die ersten Kirchen lediglich kleine Gebetshäuser waren - ganz in den Anfängen sogar Privathäuser, die jemand für seine Mitgläubigen zur Verfügung stellte - so entwickelte sich die Institution der Kirche im Laufe der Zeit zu einem machtgierigen Monster.
Es wurden viele Grausamkeiten im Namen Gottes begangen, Auslöser und sozusagen Befehlsgeber war jedoch dabei stets die Kirche. Entweder direkt oder auch indirekt, indem Dogmen und Regeln so erfolgreich in die Köpfe gehämmert wurden, dass Menschen von sich aus die größten Dummheiten taten, diese aber als Gefälligkeiten für Gott empfanden.
Stichworte sollten hierbei als Beispiele reichen: Kreuzzüge, Hexenverfolgungen und die Inquisition im Allgemeinen.
Worauf will ich aber hinaus?
Nun, das Christentum wurde von Menschen so interpretiert und entwickelt, dass das herausgekommen ist, was die Kirchengeschichte uns hinterlassen hat. ABER: Das bedeutet nicht, dass diese Interpretation, nur weil sie propagiert und mit aller Macht nach außen hin "demonstriert" wurde und wird, auch dir richtige ist. Die Kirche mit all den Regeln, Dogmen und Sakramenten ist eine mögliche Interpretation des Christentums, aber nicht die eine richtige, denn die gibt es einfach nicht.
Daher möchte ich hier lediglich meine Sicht der Dinge präsentieren. So sehe nämlich ich die Geschichte um Jesus:
Die ersten Christen lebten in einer Zeit in der man gesteinigt werden konnte wenn man am Sabbat-Fest arbeitete - oder gekreuzigt wenn man die Stimme gegen die Obrigkeit erhob. So streng wurde es mit dem Glauben und dem Gesetz gehalten.
Im nahen Osten hatten damals die Priester das gesellschaftliche Leben in ihrer Gewalt. Die 10 Gebote wurden wörtlich und auf unkompromisslose Art und Weise durchgesetzt, dazu kamen noch die römischen Besatzer, denen man ebenfalls Respekt zollen musste.
Doch dann kam irgendjemand und sagte plötzlich "so geht's nicht weiter. Das ist falsch was hier abläuft". Dieser Mann wagte es sich gegen die Dogmen der Priesterschaft zu stellen und die Gebote Gottes anders, nämlich menschenfreundlich und persönlich zu interpretieren; wagte es den römischen Kaiser nicht als oberste Herrschaft anzuerkennen und wagte es dies nicht für sich zu behalten sondern es überall wo er nur konnte zu verbreiten.
Seine Botschaft hieß unterm Strich: Nächstenliebe. Ob Jesus aber nun Gottes Sohn, ein politischer Aufrüher, ein rebellischer Idealist oder einfach nur ein Spinner war, tut hierbei absolut nichts zur Sache.
Man muss einfach zwischen den Zeilen lesen: Was steht schließlich so über ihn geschrieben? Er vertrieb die Geldwechsler aus den Tempeln und verdammte die Verkommenheit eben dieser, predigte in freier Natur, lehrte, dass das Himmelreich in jedem von uns drinsteckt, dass man zum beten nicht in einen Tempel gehen muss sondern auch in seinem stillen Kämmerlein in sich hineinhorchen kann, wagte die Nächstenliebe über alle priesterlichen Dogmen zu stellen, indem er am heiligen Ruhetag jemanden heilte und so den Standpunkt vertrat, dass die Hilfe für seine Mitmenschen höher gestellt ist als irgendwelche Regeln.
All das ist aus gesellschaftlicher wie auch religiöser Sicht unfassbar revolutionär. Seiner Ansicht nach war der ausgeübte Glaube irregeleitet - und er hatte Recht. Jesus wollte dies ändern, was ihm im großen Rahmen zwar nicht gelang, aber im kleinen hat er durch seine Philospohie jenen Menschen Hoffnung und Trost gebracht, die davon nichts mehr hatten. Und darum geht es doch eigentlich...
Leider haben Menschen nach seinem Tod genau damit weitergemacht, womit er brechen wollte - und das schlimmste: Sie taten es in seinem Namen.
Darum gibt es für mich einen großen Unterschied zwischen dem reinen Christentum und dem von der Institution der Kirche interpretierten Christentum. Und darüber sollte sich wirklich jeder mal Gedanken machen.