Ostern und das Leid mit dem heidnischen Ursprung
Ich habe es langsam satt: Kaum ist mal wieder Ostern, schon füllen sich Internetforen mit Beiträgen über den heidnischen Ursprung des Festes. Die Göttin Ostara, Frühlingsfest, Hase und Eier als Fruchtbarkeitssymbole, etc. sind dann immer die Stichworte, die fallen. Man beschwert sich dann, dass so wenige darüber Bescheid wissen, wettert ein wenig gegen das Christentum, wünscht sich am Ende aber dennoch frohe Ostern und ein paar schöne freie Tage.
Geht's noch?
Ja, es ist schön die Ursprünge christlicher Feste zu kennen, vor allem weil es hilfreich ist, diese besser zu verstehen. Doch was nützt alles Wissen übers Heidentum, wenn man das christliche Fest selbst nicht begreift? Und genau das bemängele ich. In all den Reden und Beiträgen über das heidnische Ostara-Fest fällt kaum ein Wort über das heutige Oster-Fest. Bringt man es jedoch zur Sprache, weiß kaum jemand spontan etwas darüber auszusagen: Ostern? Hat auf jeden Fall irgendwas mit Jesus zu tun... Wow. Und das ist noch eine der positivsten Antworten, bis sich tatsächlich mal jemand findet, der die Worte "Tod und Auferstehung" in den Mund nimmt.
Was nützt vergleichsweise das Wissen darüber, wie ein Gebäudes im 17.Jh. genutzt wurde, wenn man auf der anderen Seite nichts über die heutige Nutzung weiß? Da fehlt dann einfach die Verbindung, der Übergang und die Reflexion.
Genauso beim Osterfest. Es ist regelrecht eine Volkskrankheit geworden mit aufgeschnapptem Halbwissen zu prahlen und von germanischen Frühlingsgöttinnen zu erzählen, aber nicht zu wissen, dass im christlichen Glauben der Karfreitag als einer der allerhöchsten Feiertage gilt, da er an den Tod Jesu erinnert, der die Sünden der Menschheit auf sich genommen und somit überhaupt erst die Sündenvergebung möglich gemacht hat.
Der Ostersonntag zelebriert daraufhin die Auferstehung Jesu und den Sieg über den Tod. Ostern ist im Grunde genommen also ein Fest des Lebens. Es geht darum, dass der Tod nicht endgültig ist und das Dasein auf Erden den weiteren Weg bestimmt.
Natürlich hat das Christentum Ostern nicht "erfunden" aber eindeutig "neu erfunden" weil es sich nun mal direkt ins religiöse Bild einfügen lässt. Es ist zwar wirklich lobenswert, wenn man die Hintergründe kennt, aber wir leben nun mal in einer christlich geprägten Gesellschaft und wenn man deren Feiertage kritisiert bzw. ihren Ursprung unter die Lupe nimmt, dann setze ich einfach voraus, dass man zumindest weiß, was man da gerade behandelt... Es zeugt von mehr Allgemeinbildung wenn man die Feiertage der Kultur, in der man lebt, kennt, als wenn man mit historischem Halbwissen prahlt.
Halbwissen übrigens deswegen, weil der Zusammenhang zw. dem Osterfest und dem Brauch um die Göttin Ostara nicht hundertprozentig ist und zudem nicht mal nachgewiesen werden kann ob es im germanischen Raum tatsächlich eine Göttin namens Ostara gab. Die ältesten Überlieferungen über diesen Zusammenhang stammen aus dem 15. Jahrhundert, als zum ersten mal Überlegungen angestellt wurden wo Ostern seinen Ursprung haben könnte.
Ich persönlich halte folgene Erklärung für am nachvollziehbarsten (frei nach Wikipedia):
Da im Mittelalter die österliche Taufe zur Zeit der Morgenröte erteilt wurde, wurde das entsprechende Wort im germanischen Sprachgebiet verwendet. Honorius Augustodunensis (12. Jh.) leitet Ostern von Osten ab, der Himmelsrichtung des Sonnenaufgangs als Symbol der Auferstehung. Dafür spricht auch die Beziehung zwischen easter und east im Englischen. In ähnlichem Sinn wird ein Bezug auf das lateinische alba, in albis (im Sinn von „bei Sonnenaufgang“, althochdeutsch zu den ostarun) angenommen – wohl vor dem Hintergrund von Mk 16,2
Und ganz ehrlich: Zählen bei einem Fest die gefeierte Bedeutung und die symbolische Aussagekraft oder die Hintergründe seltsamer Bräuche? Letztere sind ohne Zweifel höchst interessant und ich bin selbst jemand, der wissensdurstig nachforscht, doch sollte man sprichwörtlich die Kirche im Dorf lassen, wenn es darum geht mit dümmlichen Aussagen à la "Ostern ist ein heidnisches Fest, bei dem zu Ehren der Görrin Ostara die Fruchtbarkeit gefeiert wird" um sich zu schmeißen.
In diesem Sinne: Frohe Ostern!