Joseph Fritzl Superstar

Veröffentlicht auf von Paramantus

Satire darf alles, hat mal ein deutscher Schriftsteller behauptet. Hat er Recht? Vielleicht. Die Frage, die man sich aber stellen sollte ist nicht, ob das wirklich stimmt, sondern wofür Satire überhaupt da ist. Was sind Sinn und Zweck von Spötteleien und Verballhornungen meist ernster und sogar tragischer Themen?

 

Das beste Beispiel stellt aktuell der Inzest-Fall aus Österreich dar:

 

Da witzelt z.B. der Kabarettist Mathias Richling über die geheimen unterirdischen Bewohner Österreichs und preist die bahnbrechende Idee an, Menschen zu züchten, da sie nun mal einfach länger als jedes Tier in Gefangenschaft leben können. Dann natürlich die Zeitschrift TITANIC, die Joseph-Fritzl gleich zum EM-Maskottchen macht und schließlich meine Wenigkeit, die ebenfalls passend zur EM Österreich-Trikots mit Fritzl-Aufdruck präsentiert...

 

Geschmacklos? Taktlos? Pietätlos?

 

Ja, sagen die Menschen, die den Sinn hinter dieser Satire nicht verstehen. Aber: Diese boshaften Schläge unter die Gürtellinie, wie sie gerne genannt werden, richten sich nicht, wie vorgeworfen, gegen die Opfer oder gar gegen den Fall selbst. Damit wird auch nicht die Bedeutung bzw. Grausamkeit einer solchen Tat verharmlost oder ins Lächerliche gezogen.

Nein, die Satire bezieht sich in erster Linie auf die Berichterstattung der Medien. Tag ein Tag aus heißt es nur Fritzl hier, Inzest da. Dass es ein furchtbarer Skandal ist, sollte inzwischen jeder mitbekommen haben. Und dass die Tat bestialisch und widerwärtig ist, sollte auch jeder verstanden haben. Langsam reicht es. Es nervt. Inzwischen ist die erste Assoziation zu Österreich "Inzest" bzw. "Inzest-Familie" oder "Fritzl".

Da ist es nur eine logische Folge, dass man den Joseph Fritzl mal schnell zum EM-Maskottchen kürt. Warum auch nicht? Österreich soll schließlich ruhig sein bekanntestes Aushängeschild vorführen. Und als Andenken kann man sich dann auch noch schnell ein Fritzl-Shirt kaufen, auf dem die Anzahl der in Gefangenschaft verbrachten Jahre seiner opfer festgehalten ist.

 

Diesen Faden der Übertreibung kann man endlos weiterspinnen: Wie wäre es denn mit Fritzl als Jury in der österreichischen Superstar-Show?

- Joseph, was sagst du zu dem Kandidaten?

- Null Talent. Du wärst höchstens Superstar in einem Verlies, wenn dein einziger Fan dein Spiegelbild wäre, und dieses mindestens 20 Jahre Zeit hätte um sich an dein Gejaule zu gewöhnen.

 

Grotesk? Und wie!

 

Satire ist (nicht nur) in diesem Fall schlicht und ergreifend ein Ventil für die Medien-Überdrüssigkeit. Man karikiert mit einem lächerlichen und gewollt grenzwertigen Artikel die übertriebene Präsenz des Themas in der Öffentlichkeit. Niemand will die Opfer beleidigen und niemand will etwas verharmlosen. Es handelt sich dabei einzig und allein um eine eigenwillige Art zu sagen, dass man genug hat. Es ist ein Schlag gegen die Presse, die es nicht lassen kann auf ein und dasselbe Thema herumzureiten.

Das Ganze kann witzig sein, soll es und muss es aber nicht. Satire darf vor allem unterhalten, da man sich dadurch vom eigentlichen Thema distanziert und stattdessen die unverschämten Medien mit ihrer scheinheiligen Berichterstattung ins Lächerliche zieht.

 

Was nämlich wirklich geschmacklos, taktlos und pietätlos - wenn nicht gar regelrecht krank - ist, dann die Geilheit der Medien auf der einen und die der Konsumenten auf der anderen Seite:

 

Das Krankenhaus von Amstetten, wo sich das Inzestopfer Elisabeth Fritzl mit ihren Kindern aufhält, hat sich derzeit zum weltweitem Schauplatz der Medien gewandelt. Paparazzi aus aller Welt geben wirklich alles, um das begehrte Foto von Kellerkindern und ihrer Mutter zu bekommen. Auch das Risiko, erwischt zu werden, und moralische Prinzipien können die Jäger-Fotografen nicht aufhalten. Am vergangenen Freitag versuchte bereits ein Fotograf, den Balkon der Inzest-Familie zu besteigen, als er von einer Krankenschwester überrascht wurde. Ein Sicherheitsmann musste einschreiten, was zu einer Auseinandersetzung führte. Am Ende gab es Medienberichten zufolge gar zwei Verletzte. Auch das Personal der psychiatrischen Klinik kann der Verführung, ein gewisses Kleingeld für das begehrte Foto zu verdienen, nicht entgehen. Neulich versuchte einer der Krankenpfleger, ein selbstgeschossenes exklusives Bild für 300.000 Euro internationalen Medien zu verkaufen. Doch der gescheiterte Fotograf hat bisher noch keine Abnehmer gefunden. Laut Boulevard-Zeitung 'Österreich' appellierte bereits die Klinikleitung in einem internen Rundschreiben an die Mitarbeiter, Bilder der Inzestfamilie nicht zu vergolden.

(Quelle: europolitan.de)

 

Denkt mal darüber nach.

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R
Hi,<br /> <br /> sehr guter Artikel! Aber es ist nun mal so, dass es den Menschen nach Sensationen giert. Das geht schon bei kleinen Autounfällen los. Ich gebe zu meiner Schande zu, dass ich in solchen Sotuationen auch einen Blick riskiere. Und wenn dann noch ne menge Geld mit im Spiel ist, dann lassen sich manche Menschen auch dazu verleiten auf Balkons zu klettern. Leider!<br /> Das einzige, was man tun kann, ist derartige Medien zu boykottieren. Doch das ist bei der Omnipräsenz derartiger Themen schier unmöglich.<br /> <br /> MfG Roadrunner
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